Freitag, 22. Juni 2007
Nationalstaaten/Ethnische Nationalstaaten
franz x. straub, 20:37h
In einem Kommentar zu einem früheren Beitrag wurde gefragt, warum ich ethnischen Nationalismus für das Primitivste halte.
Fassen wir Nationalismus nach der allgemeinen Auffassung kurz zusammen und vergleichen dies mit ethnischem Nationalismus:
"Nationalismus bezeichnet eine politische Ideologie, die auf eine Kongruenz zwischen einer Nation und einem Staatsgebilde abzielt, die durch eine Einsetzung für die Werte und Symbole des Staatsgebildes erreicht wird."
(Maurice Gallanier, 1981)
"Ethnischer Nationalismus bezeichnet eine politische Ideologie, die auf eine Kongruenz zwischen einer ethnisch definierten Nation und einem Staatsgebilde abziehlt."
(Maurice Gallanier, 1981)
Das Problem an ethnischem Nationalismus ist nicht so sehr, dass er einen Staat für ein Volk schaffen will. Das Problem ist eher, dass alles, was nicht dem ethnisch definierten Volk entspricht, per definition in dem Staat nichts zu suchen hat. Besonders gut hat sich das bisher in den jahrhundertelang gewachsenen Staatsgebilden bewährt, in denen eine andere ethnische Gruppe als höherstehend empfunden wird.
Ein überhöhter Nationalismus ("Chauvinismus") an sich ist historisch gesehen für Minderheiten aller Art nicht sonderlich gut (üblicherweise leiden die religiösen Minderheiten am Meisten), aber der ethnische Nationalismus hat ganze Staaten zugrunde gerichtet.
Betrachten wir nur mal die Balkanstaaten, die sich von ihrer "gloriosen Unabhängigkeit" immer noch nicht erholt haben:
- Bulgarien begann direkt nach seiner (von Russland erzwungenen) Unabhängigkeit, alle Nichtbulgaren zu vertreiben,
- Griechenlands Unabhängigkeit wurde mit unzähligen Massakern an der (türkischen aber auch griechischen Oberschicht) bezahlt,
- Serbien schob alle Bulgaren, Griechen, Makedonier und Türken ab, schon als es noch nominell zum Osmanischen Reich gehörte,
- in Makedonien drehte sich das Völkermordkarussell jahrelang, bis das Land im dritten Balkankrieg wenig mehr als eine Erweiterung des wiedererstarkten Osmanischen Reichs wurde,
- Albanien wäre hier die löbliche Ausnahme, wenn Serbien und Griechenland in den 20ern nicht auf "Bevölkerungsrückgabe" gedrängt hätten.
Bei allen (wahren oder unwahren) Geschichten über die empfundene Unterdrückung der Polen, Tartaren, Turkmenen, Bretagner, Mongolen, Kalifornier... besser unterdrückt als tot, oder?
Fassen wir Nationalismus nach der allgemeinen Auffassung kurz zusammen und vergleichen dies mit ethnischem Nationalismus:
"Nationalismus bezeichnet eine politische Ideologie, die auf eine Kongruenz zwischen einer Nation und einem Staatsgebilde abzielt, die durch eine Einsetzung für die Werte und Symbole des Staatsgebildes erreicht wird."
(Maurice Gallanier, 1981)
"Ethnischer Nationalismus bezeichnet eine politische Ideologie, die auf eine Kongruenz zwischen einer ethnisch definierten Nation und einem Staatsgebilde abziehlt."
(Maurice Gallanier, 1981)
Das Problem an ethnischem Nationalismus ist nicht so sehr, dass er einen Staat für ein Volk schaffen will. Das Problem ist eher, dass alles, was nicht dem ethnisch definierten Volk entspricht, per definition in dem Staat nichts zu suchen hat. Besonders gut hat sich das bisher in den jahrhundertelang gewachsenen Staatsgebilden bewährt, in denen eine andere ethnische Gruppe als höherstehend empfunden wird.
Ein überhöhter Nationalismus ("Chauvinismus") an sich ist historisch gesehen für Minderheiten aller Art nicht sonderlich gut (üblicherweise leiden die religiösen Minderheiten am Meisten), aber der ethnische Nationalismus hat ganze Staaten zugrunde gerichtet.
Betrachten wir nur mal die Balkanstaaten, die sich von ihrer "gloriosen Unabhängigkeit" immer noch nicht erholt haben:
- Bulgarien begann direkt nach seiner (von Russland erzwungenen) Unabhängigkeit, alle Nichtbulgaren zu vertreiben,
- Griechenlands Unabhängigkeit wurde mit unzähligen Massakern an der (türkischen aber auch griechischen Oberschicht) bezahlt,
- Serbien schob alle Bulgaren, Griechen, Makedonier und Türken ab, schon als es noch nominell zum Osmanischen Reich gehörte,
- in Makedonien drehte sich das Völkermordkarussell jahrelang, bis das Land im dritten Balkankrieg wenig mehr als eine Erweiterung des wiedererstarkten Osmanischen Reichs wurde,
- Albanien wäre hier die löbliche Ausnahme, wenn Serbien und Griechenland in den 20ern nicht auf "Bevölkerungsrückgabe" gedrängt hätten.
Bei allen (wahren oder unwahren) Geschichten über die empfundene Unterdrückung der Polen, Tartaren, Turkmenen, Bretagner, Mongolen, Kalifornier... besser unterdrückt als tot, oder?
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mithradates,
Montag, 25. Juni 2007, 22:01
Kommentar von Mithradates
>>Das Problem ist eher, dass alles, was nicht dem ethnisch definierten Volk entspricht, per definition in dem Staat nichts zu suchen hat. Besonders gut hat sich das bisher in den jahrhundertelang gewachsenen Staatsgebilden bewährt, in denen eine andere ethnische Gruppe als höherstehend empfunden wird.
Ein überhöhter Nationalismus ("Chauvinismus") an sich ist historisch gesehen für Minderheiten aller Art nicht sonderlich gut (üblicherweise leiden die religiösen Minderheiten am Meisten), aber der ethnische Nationalismus hat ganze Staaten zugrunde gerichtet.<<
Interessanterweise wird die (staatlich) forcierte religiöse Homogenisierung in Europa während der frühen Neuzeit als ein sehr wichtiges Attribut von Staatlichkeit betrachtet. Die Religion war früher von der Bedeutung her das Äquivalent zum ethnischem Nationalismus.
>>Betrachten wir nur mal die Balkanstaaten, die sich von ihrer "gloriosen Unabhängigkeit" immer noch nicht erholt haben:
- Bulgarien begann direkt nach seiner (von Russland erzwungenen) Unabhängigkeit, alle Nichtbulgaren zu vertreiben,
- Griechenlands Unabhängigkeit wurde mit unzähligen Massakern an der (türkischen aber auch griechischen Oberschicht) bezahlt,
- Serbien schob alle Bulgaren, Griechen, Makedonier und Türken ab, schon als es noch nominell zum Osmanischen Reich gehörte,
- in Makedonien drehte sich das Völkermordkarussell jahrelang, bis das Land im dritten Balkankrieg wenig mehr als eine Erweiterung des wiedererstarkten Osmanischen Reichs wurde,
- Albanien wäre hier die löbliche Ausnahme, wenn Serbien und Griechenland in den 20ern nicht auf "Bevölkerungsrückgabe" gedrängt hätten.<<
Natürlich ist das friedliche Nebeneinander leben die bessere Alternative.
Aber wenn das nicht möglich ist, ist die Vertreibung immer noch besser als die Alternative, furchtbare Gewalt in Form von Bürgerkriegen.
Ludwig XIV. hat zwar viel Leid erzeugt als er die Hugenotten zwang zu konvertieren (oder zu emigrieren), aber so beendete er auch endgültig den Konflikt zwischen französischen Katholiken und Hugenotten. Dieser hatte in der Vergangenheit zahlreiche Bürgerkriege zur Folge.
Ein überhöhter Nationalismus ("Chauvinismus") an sich ist historisch gesehen für Minderheiten aller Art nicht sonderlich gut (üblicherweise leiden die religiösen Minderheiten am Meisten), aber der ethnische Nationalismus hat ganze Staaten zugrunde gerichtet.<<
Interessanterweise wird die (staatlich) forcierte religiöse Homogenisierung in Europa während der frühen Neuzeit als ein sehr wichtiges Attribut von Staatlichkeit betrachtet. Die Religion war früher von der Bedeutung her das Äquivalent zum ethnischem Nationalismus.
>>Betrachten wir nur mal die Balkanstaaten, die sich von ihrer "gloriosen Unabhängigkeit" immer noch nicht erholt haben:
- Bulgarien begann direkt nach seiner (von Russland erzwungenen) Unabhängigkeit, alle Nichtbulgaren zu vertreiben,
- Griechenlands Unabhängigkeit wurde mit unzähligen Massakern an der (türkischen aber auch griechischen Oberschicht) bezahlt,
- Serbien schob alle Bulgaren, Griechen, Makedonier und Türken ab, schon als es noch nominell zum Osmanischen Reich gehörte,
- in Makedonien drehte sich das Völkermordkarussell jahrelang, bis das Land im dritten Balkankrieg wenig mehr als eine Erweiterung des wiedererstarkten Osmanischen Reichs wurde,
- Albanien wäre hier die löbliche Ausnahme, wenn Serbien und Griechenland in den 20ern nicht auf "Bevölkerungsrückgabe" gedrängt hätten.<<
Natürlich ist das friedliche Nebeneinander leben die bessere Alternative.
Aber wenn das nicht möglich ist, ist die Vertreibung immer noch besser als die Alternative, furchtbare Gewalt in Form von Bürgerkriegen.
Ludwig XIV. hat zwar viel Leid erzeugt als er die Hugenotten zwang zu konvertieren (oder zu emigrieren), aber so beendete er auch endgültig den Konflikt zwischen französischen Katholiken und Hugenotten. Dieser hatte in der Vergangenheit zahlreiche Bürgerkriege zur Folge.
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